02. Juli 2024

Am 19. Mai 1924 ereignete sich historisches. In den Räumen der Villa Lubin in Rom trafen sich 463 Delegierte aus 39 Nationen und beschlossen die Gründung der Internationalen Gesellschaft der Bodenwissenschaften (ISSS - International Society of Soil Science). Am 19. Mai 2024 wurde an einer Tagung in Florenz das hundertjährige Bestehen dieser Organisation, beziehungsweisen deren Nachfolgeorganisation IUSS – International Union of Soil Science mit einer Tagung gefeiert. Auch Vertreterinnen und Vertreter der Schweiz nahmen an diesem Festakt teil

Regional entwickelten Bodenforschende über die Zeit unterschiedliche Theorien, die oft spezifische Aspekte der Bodenentwicklung in ihrem Gebiet im Fokus hatten. Schon vor mehr als 100 Jahren erkannte man, dass ein internationaler Austausch im Rahmen einer formalen Organisation notwendig ist, um die Disziplin der Bodenkunde voranzubringen. Dies geschah vor genau hundert Jahren in Rom, was weitreichende Folgen für die langfristige Etablierung der bodenkundlichen Disziplin hatte. Schon zu Zeiten der Gründung der ISSS gab es intensive Diskussionen zur Benennung der Organisation («Pedologie» vs «Bodenwissenschaft»), die auch an heutige Verwirrungen und den Bedarf zu einer klaren Abgrenzung zur Lehre der Entwicklung von Kindern (Pädologie) oder zur Heilkunde am Fuss (Podologie) erinnert.

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Aufnahmen aus Tagen der Gründung der ISSS.
Quelle: Alfred Hartemink.

Seit dem Gründungsjahr ging die ISSS durch eine bewegte Geschichte. Im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens fand 1927 eine Konferenz in den USA statt, an der 366 Personen (davon zwei Frauen) teilnahmen, darunter der 29-jährige Schweizer Hans Jenny. Diese Tagung war prägend für die Weiterentwicklung und Harmonisierung der grundlegenden Theorien zur Bodenentwicklung, vor allem durch den Austausch zwischen Wissenschaftern aus den USA und Russland. Auch die Übersetzung von Lehrwerken in verschiedene Sprachen war zentral für den Wissenstransfer.

 

Die beiden darauffolgende Jahrzehnte waren geprägt durch die Grosse Depression sowie die Vorwehen und Auswirkungen des zweiten Weltkrieges. Der internationale Austausch wurde dadurch stark einschränkten. Erst im Nachgang zum zweiten Weltkrieg wurde die internationale Kooperation wieder schrittweise ausgebaut. Einen prägenden Einschnitt Erfuhr die ISSS dabei in den 1990er-Jahren. Bis dahin waren Personen Individualmitglieder dieser Organisation. Um jedoch also Wissenschaftsorganisation im internationalen Kontext, vor allem beim Internationalen Wissenschaftsrat, wahrgenommen zu werden, musste die Organisationstruktur angepasst werden. Dank dem starken Engagement von Winfried Blum wurde am Weltkongress 1998 in Montpellier eine Reorganisation und Umbenennung hin zur «International Union of Soil Science» (IUSS) beschlossen. Waren bei der ISSS noch individuelle Personen Mitglied, so waren es bei der IUSS nun die entsprechenden nationalen Gesellschaften.

 

Die BGS ist seit 1998 Mitglied der IUSS. Besonders involvierte BGS-Mitglieder in der ISSS/IUSS waren in jüngerer Vergangenheit vor allem Peter Lüscher (Quästor von 1992 – 2002), sowie Hans Hurni, Ruben Kretzschmar und Emmanuel Frossard als vierjährige Präsidenten spezifischer Divisionen der BGS. Auch die gemeinsame Exkursion zwischen der BGS und der Österreichischen Bodenkundlichen Gesellschaft im Anschluss an den ISSS-Kongress in Hamburg 1986 war ein erfolgreiches Resultat dieser internationalen Austauschplattform.

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Teilnehmende an der Exkursion «Zentralalpentransversale Schweiz-Österreich» auf Muottas Muragel und beim Profil Gotschnaboden bei Kloster im Rahmen des XIII. Kongress der ISSS in Hamburg im August 1986.
Quelle: Peter Lüscher

Hundert Jahre nach der Gründung begingen nun 1'436 Delegierte aus 73 Nationen das bestehen dieser Organisation. Die auf den Festakt folgende kurze und intensive Tagung ermöglichte regen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen aus aller Welt. Die grosse Anzahl zeitgleicher Vortragsblöcke zeigte die vollständige Breite heutiger bodenkundlicher Forschung bis hin zu Themen wie politische Kommunikation und Strategie. Dabei gab es auch eine Vielzahl an Beiträgen aus der Schweiz, wie zum Beispiel ein Poster zur Geschichte der BGS oder einen Vortrag zur besonderen Rolle des Bodenschutzes in der Schweiz. Eine Auswahl Beiträge mit Beteiligung aus der Schweiz finden Sie am Ende dieses Artikels. Ebenso wurde ein Buch vorgestellt, welches die Geschichte der jeweiligen nationalen Gesellschaften der IUSS darlegt. Auch ein Kapitel zur BGS befindet sich darunter (siehe Link unten).

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Die Teilnehmenden aus 73 Nationen versammeln sich zur Eröffnungsrede. Ehemalige und aktuelle Mitglieder des BGS-Vorstandes mit dem aktuellen Präsidenten Edoardo A.C. Costantini der IUSS (zweiter von links).
Quelle: Francesco Ambrosini und BGS

Zum Abschluss der Tagung machte der aktuelle Präsident der IUSS, Edoardo Costantini, auf die die kommenden Herausforderungen aufmerksam. Seiner Ansicht nach ist das Bewusstsein zur Relevanz des Bodens in den letzten Jahrzehnten wieder gestiegen. Es bleibt aber eine stete und wichtige Aufgabe über die hohe gesellschaftliche Relevanz von Böden für unsere Gesellschaft zu sprechen. Nur so kann ein effektiver Bodenschutz auch politisch verankert werden. Die Tagung war somit auch eine Inspiration für das bevorstehende 50-jährige Jubiläum der BGS im Jahr 2025.

  

Die Autoren danken Alfred Hartemink und Peter Lüscher für die Bereitstellung historischer Informationen und Stéphane Westermann für die französische Übersetzung.

Autoren: Klaus Jarosch, Madlene Nussbaum, Simon Tanner